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08.03.2016

Konstantin Wecker in Kaufungen

„Denkt mit dem Herzen!“ - Konstantin Wecker im Bürgerhaus

Aufrüttelnd und eindringlich erlebten rund 450 Zuhörer das Tour-Konzert „Ohne Warum“ des Münchner Liedermachers im ausverkauften Saal des Bürgerhauses. Zu Beginn seines Gastspiels präsentierte der mittlerweile 67-Jährige mit „Es ist in Ordnung“ und „Absurdistan“ zwei seiner älteren Stücke und betonte dabei leicht verschmitzt am Bühnenrand und mit klarem Blick an das Publikum gerichtet: „An meinem Anarchismus hat sich gar nichts geändert!“ Seine Botschaften verpackte er gewohnt in eine Mischung aus leisen, zärtlichen Balladen und kraftvollen Hymnen. Begleitet wurde er von seiner vierköpfigen Band. Die junge Cynthia Nickschas (Gitarre, Gesang) - von Wecker als Straßensängerin entdeckt und in die Band geholt - beeindruckte mit ihrer Stimme besonders bei einer kleinen Janis Joplin-Einlage. Auch mit Fanny Kammerlander (Cello, Ukulele, Percussion), Wolfgang Gleixner (Drums) und Johannes Barnikel (Keyboard) war die außergewöhnliche musikalische Begleitung gesichert. Auf „Vaterland“, einer kritischen Ansage an rassistisches und nationalistisches Denken folgte der Song „An meine Kinder“, in dem Wecker seine eigene Vaterrolle reflektierte: „Ihr habt mich gelehrt, ohne zu wollen zu geben.“

Konstantin Wecker wusste sein Publikum wieder einmal zu begeistern durch ein ausgefeiltes, abwechslungsreiches Konzertprogramm. Auf persönlich-poetische Lieder („Ich habe ein großes Herz für Träumer und Versager!“) folgten aufrüttelnde Politsongs, in denen der Protestsänger seine Kritik an Politikern, dem US-Geheimdienst NSA, PEGIDA, an Waffenexporten und großen Internetfirmen musikalisch bissig verpackte. Im umgedichteten „Die Gedanken sind frei“ unterstützen ihn die Fans im Saal in einem vielstimmigen Chor. Einen Höhepunkt vor der Pause stellte die Vertonung „Krieg“ des Expressionisten Georg Heym aus dem Ersten Weltkrieg dar. Wecker ergänzte diese eindrucksvolle Ode gegen Krieg und Gewalt um eigene Strophen, in denen die erschreckende Aktualität zum Ausdruck kommt. „Macht ein Ende mit dem Irrsinn irgendwann“, lautete sein Appell und in klaren, leisen und dramaturgisch perfekt gesetzten Flügelklängen endete diese intensive Botschaft.

„Alles muss heiliger Tanz sein“ lautete im zweiten Teil des Abends ein fast karibisch anmutender Beitrag mit Duettpartnerin Cynthia Nikschas, der den Besuchern Lebensfreude pur vermittelte und gleichzeitig die Begeisterung der Musiker und den Spaß am Zusammenspiel ausdrückte. Doch natürlich fehlten an diesem Abend auch die Kultsongs „Sage Nein!“ und „Empört euch“ nicht und der langanhaltende Jubel und Applaus im Saal ließ spüren, wie wichtig diese Protestlieder von den Zuhörern gerade in dieser Zeit empfunden werden. Den Traum von einer friedlicheren, teilenden und somit gerechteren Welt, den hat der Protestsänger Konstantin Wecker nie aufgegeben und so ist seine Antwort auf die Flüchtlingsfrage: „Denkt mit dem Herzen - besiegen wir den Hass durch Zärtlichkeit!“

Und seine ganz eigene „Suche nach dem Wunderbaren“ fand sich deutlich ganz am Ende seines Konzertes im Titelsong seiner Tour „Ohne Warum“. Der Begriff „sunde warumbe“ vom spätmittelalterlichen Philosophen Meister Eckhart geprägt, deutet hin auf das grundlose, selbstverständliche Sein und dieser Ausdruck mystischen Denkens hat für den Liedermacher auch und gerade in der heutigen Zeit nichts an Zauber und Wahrheit verloren.

Der Applaus nach mehr als drei Stunden war bemerkenswert und der Künstler entließ sein begeistertes Publikum in die Nacht - noch ein letztes Mal an diesem Abend in poetischer Weise: „Nur der Augenblick ist immer - gib dich hin und sei bereit“.