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27.06.2011

125 Jahre HWGHV


125 Jahre HWGHV: Grund zur Freude und zum Feiern – mit Sorgenfalten


Auf ein Achtel der Geburtstagsjahre von Kaufungen kann man anstoßen – mit einem Glas Sekt, dem Achtel einer Flasche, meinte Werner Neumayer, 2. Vorsitzender des Hessisch-Waldeckischen Gebirgs- und Heimatvereins Oberkaufungen bei der Begrüßung der zahlreich erschienenen Gäste in der AKV-Halle am vergangenen Sonntag, und erhob sein Glas, um dem Verein zu gratulieren.
Das 125-jährige Jubiläum des Oberkaufunger Wandervereins ist ein Grund zur Freude und zum Feiern, betonte auch der 1. Vorsitzende Klaus Szameit, der, wie viele Helfer und Gäste auch, historisch gewandet war. Auf die ereignisreiche Vergangenheit und die lebendige Gegenwart werde in der anlässlich des Jubiläums erschienen Chronik ausführlich eingegangen, führte er weiter aus, doch die Zukunft von Wandervereinen ganz allgemein sei ungewiss.
Am 5. Juli 1886 ist der Wanderverein als niederhessischer Touristenverein, Sektion Oberkaufungen, gegründet worden und ist damit einer der ältesten Vereine in Kaufungen. Die Pflege von Wanderwegen, das Aufstellen von Ruhebänken und den Naturschutz bezeichnete er als vorrangige Aufgaben des Vereins. Seit 1891 hat der Verein fünf Mal das Jahreswandertreffen des Gesamtvereins ausgerichtet und beteiligt sich selbstverständlich rege am Vereinsleben von Kaufungen. Der HWGHV Oberkaufungen hat aktuell über 260 Mitglieder, die in mehreren Untergruppen aktiv sind, wie z.B. auch Radfahrer. Im letzten Jahr sind rund 300 Wanderungen gemacht worden und dabei sind fast 50.000 km zurückgelegt worden. Eine stolze Bilanz, doch der Blick in die Zukunft veranlasste Klaus Szameit auch zu nachdenklichen und kritischen Gedanken. So sei der Alterdurchschnitt 72 Jahre – die Jugend fehlt. Es gäbe zwar heute so viele Wanderer wie nie zuvor, doch gingen diese nicht in Vereine, weil sie keine Verantwortung übernehmen wollten. So könne eine Gemeinschaft, ein Verein, nicht existieren. Wandervereine seien heute Treffpunkte rüstiger, jung gebliebener Rentner. Doch zum Schluss zeigte er sich optimistisch, dass dem HWGHV Oberkaufungen eine Verjüngung gelinge: Unser Verein hat es verdient!
Auch der Vorsitzende des Gesamtvereins, Roland Petrowsky, der Grüße aller angeschlossenen Vereine überbrachte, schloss sich den Worten von Klaus Szameit an. Die Nachwuchsförderung habe oberste Priorität.
Auf das große Engagement der Wanderer in der Gemeinde Kaufungen ging Bürgermeister Arnim Roß in seinem Grußwort ein. Das Wandern sei wieder „in“ und habe auch seinen Niederschlag in der Literatur und dem Liedgut in Vergangenheit und Gegenwart gefunden.
Als Dank für die rege Teilnahme am Gemeindeleben überreichte er dem Vorsitzenden einen Scheck und sicherte außerdem zu, dass das großformatige Gemälde von Horst Gsegnet, das anlässlich des Jubiläums angefertigt worden ist, in der Vereinshalle hängen bleiben soll.
Der „Lossetaler“ Landrat Uwe Schmidt bedauerte ebenfalls die Entwicklung in Vereinen allgemein. Die Form des Vereins beginnt sich zu überleben, meinte er. In Wandervereinen gäbe es heute auch ein Stück Uniformität: Vorname Jack, Nachname Schöffel. Viele wollten wandern, sich aber nicht mehr organisieren.
Im Anschluss an seine Rede überreichte er an Manfred Heine den Ehrenbrief des Landes Hessen für seine langjährigen ehrenamtlichen Verdienste im HWGHV Oberkaufungen, dem er seit 47 Jahren angehört, davon 26 als 1. Kassenwart und vier Jahre als zweiter. Seit 2005 sei er für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und in diesem Rahmen auch federführend bei der Erstellung der Chronik gewesen. Auch Klaus Szameit bekam für seinen Verein einen Scheck überreicht.
Es folgten noch drei Grußworte von Peter Heilgeist vom befreundeten Thüringerwald-Verein Asbacher Berge und Umgebung, Horst Spaar, dem Vorsitzenden der Lossetalvereine innerhalb des HWGHV Gesamtvereins und Dieter Hankel vom Zweigverein Kassel.
Den Festvortrag schließlich hielt Hermann-Josef Rapp, Forstbeamter a.D., die „Stimme des Reinhardswalds“, wie ihn Werner Nordmayer ankündigte. In seinem Vortrag ging er auf die Entwicklung des Wanderns in den letzten 300 Jahren ein, auf die Bedeutung des Waldes früher und heute und die Ursprünge der Wanderbewegung im 19. Jahrhundert. Doch was bedeutet Wandern heute? Für viele sei es gleichbedeutend mit intakter Natur, führte er aus. Die rund 60.000 organisierten Wanderer in Hessen könnten auf nahezu perfektes Kartenmaterial zurückgreifen, sich über Medien informieren, und sich auf gut ausgebauten Wegen bewegen. Da aber mittlerweile viele Menschen wandern ohne Vereinsmitglied zu sein, sei es für Vereine wichtig, Strategien zu finden. Dazu gehörten beispielsweise Dachorganisationen, regelmäßige Überprüfung der vereinsinternen Angebote, ein attraktives Programm, kontinuierliche Arbeit am Image, auf Veränderungen eingehen, aber auch mehr Dienstleistungen von Außen in Anspruch nehmen, neue Qualitätsstandards setzen und die Empfehlung an den Gesamtverein des Hessisch-Waldeckischen Gebirgs- und Heimatvereins, seinen etwas sperrigen Namen zu ändern, drei Buchstaben wären griffiger. Rapps Empfehlung für die Zukunft: sich den Gesundheitstrend zunutze machen, Urlaub im eigenen Land vermarkten und eine starke Gemeinschaft von Wanderern bilden, die gehört werden.
Das Programm des HWGHV Oberkaufungen wurde ergänzt durch das Mandolinen- und Gitarrenorchester Helsa-Wickenrode und nach der Mittagspause durch die Sänger des Vereins aus Helsa, die Musikantengilde des HWGHV Oberkaufungen und, als Höhepunkt, einem Sketch, vorgetragen von weiblichen Mitgliedern des Vereins, der auf vergnügliche Weise zeigte, wie sich die Wanderkleidung seit der Gründung des HWGHV Oberkaufungen 1886 verändert hat.