»Fachwerkwelten - Kaufungen. Erleben«: Vielfältiges Programm zur Fachwerk-Triennale in Kaufungen
Alle drei Jahre beschäftigen sich Städte und Kommunen deutschlandweit intensiv mit dem Thema Fachwerk: Zur Fachwerk-Triennale, ins Leben von der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e.V. und gefördert durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Programm „Nationale Stadtentwicklungspolitik“.
Zum ersten Mal fand die spezifische Triennale in 2009 statt. Für die Teilnahme können sich Städte und Kommunen bewerben, die Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft sind. Unter den Einsendungen, die sich praxisrelevant auf das jeweilige Thema der Triennale beziehen sollen, wählt der Vorstand schließlich die Teilnehmenden aus.
Zu dem diesjährigen Überthema „Resiliente Fachwerkstädte - Quartiere der Zukunft“ steuerten verschiedene Akteure aus Kaufungen zukunftsweisende Inhalte bei, unter dem Motto „Fachwerkwelten – Kaufungen. Erleben.“
Die Veranstaltung begann in der Stiftskirche. Bürgermeister Arnim Roß begrüßte die Teilnehmenden und stellte fest: „Es lohnt sich, im Fachwerk zu leben“. Genau das wolle man heute beim Triennale-Programm und generell in Kaufungen zeigen. Die Gemeinde wisse um die kulturhistorische Bedeutung des Fachwerks, das Kaufungens Gesicht entscheidend präge, und dafür gäbe es Fördermöglichkeiten und Beratungsangebote für Kaufunger Bürgerinnen und Bürger.
Knut John, Landesbeauftragter für den ländlichen Raum begrüßte die Anwesenden ebenfalls herzlich – allerdings nicht wie geplant vor Ort, sondern durch eine Videobotschaft, aufgenommen in einem Fachwerkhaus, das aktuell saniert wird. Zwischen Hämmern und Bohren fragt er: „Was können wir aus dem Fachwerk machen?“ Er stellt fest: „Dabei geht es um tolles Wohnen und eine hohe Lebensqualität. Wir vom Land Hessen unterstützen Eigentümerinnen und Eigentümer dabei, wo es geht.“
Diesen motivierenden Worten folgen Grußworte von dem Ersten Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e.V. Hans Benner, Pfarrer Martin Abraham und Uwe Ferber von StadtLand GmbH, verantwortlich für die Redaktion und das Begleitbüro der Triennale 2025.
Fachwerk erlebbar machen
Am Standort Stiftskirche hielten Hauke Homeier, Leiter des Regionalmuseums, Architekt Florian Hönig von Hönig Architekten und Dr. Ing. Swen Klauß von der Universität Kassel Impulsvorträge zum Überthema „Fachwerk der Zukunft“.
Homeier sprach von dem nahenden Umbau und der Neukonzeptionierung des Regionalmuseums. Ein modernes Museum kann einen bedeutenden Beitrag zur städtebaulichen Entwicklung eines Ortes liefern. Es dient als Wissensspeicher und macht, interaktiv gestaltet, Fachwerk, Techniken und auch Werkzeuge erlebbar und anfassbar.
Architekt Florian Hönig berichtete von der Entwicklung des Fachwerkberatungszentrums. Das Initialprojekt des Fachwerkvereins Kaufungen bietet ein niedrigschwelliges, kostenfreies Beratungsangebot für Eigentümerinnen und Eigentümer an. In dem zweistündig angesetzten Gespräch kann beispielweise geklärt werden, welches Fachpersonal es für eine Sanierung braucht oder welche Fördermöglichkeiten bestehen.
Swen Klauß vom Bereich Bauphysik der Universität Kassel sprach über energetische Versorgung von Fachwerkgebäuden und unterstrich, dass es bei der Auseinandersetzung mit Fachwerk-Sanierung vor allem um Zukunftssicherung gehe: Das Fachwerk als kulturhistorisches Gut sollte bewahrt werden. Klauß stellte einige Möglichkeiten der zukunftsfähigen, klimaneutralen energetischen Versorgung vor, wie etwa Wärmepumpen oder klimafreundlicher Nah-und Fernwärme.
Wichtig sei für Städte und Kommunen, herauszufinden, was im Bereich des Möglichen liege und entsprechend zu planen. Das machte neugierig auf die spätere Vorstellung des Nahwärmeversorgungsplans durch das Klimaschutzmanagement.
In der anschließenden Podiumsdiskussion zwischen Arnim Roß, Hans Benner, dem Vorsitzenden der AG Deutsche Fachwerkstädte, und Anne Raupach vom Architekturbüro Anne Raupach, wurde über lokale Gestaltungsmöglichkeiten gesprochen. Moderiert wurde das auch für das Publikum geöffnete Gespräch von Uwe Ferber.
Von der Fachwerkscheune bis ins Museum – Fachwerk hautnah
Der zweite Veranstaltungsteil brachte die Teilnehmenden in Bewegung: Zu Fuß ging es nach nebenan zum Fachwerkberatungszentrum. Dort informierte Architekt Florian Hönig über dessen besondere Entstehung. Er erzählte, wie die Mansardenscheune aus dem 19. Jahrhundert, welche ursprünglich in einem zentralen Bereich der Leipziger Straße in Oberkaufungen stand, im Frühjahr 2016 einer Neubebauung weichen musste. Diese Fachwerkscheune wurde zurückgebaut, eingelagert und schließlich auf der Hofgartenwiese auf dem Stiftsareal durch den Fachwerkverein Kaufungen e.V. wiederaufgebaut. Eine Fotoausstellung im Inneren dokumentiert eindrucksvoll den Prozess der „Translozierung“, also der Versetzung von Gebäuden.
Im Fachwerkberatungszentrum mit dem schönen neu gestalteten Außenbereich stellte Timo Kuhrau vom Klimaschutzmanagement der Gemeinde Kaufungen anschließend ein spannendes Projekt für eine zukunftsweisende Wärmeversorgung des historischen Altdorfkerns und seiner Peripherie vor.
Kuhrau berichtet über eine just fertiggestellte Studie, mit welcher der Gemeinde die Möglichkeiten von technischer und wirtschaftlicher Machbarkeit für ein Nahwärmeprojekt auslotet. „In einer praktischen Umsetzung könnte, ausgehend von einer Feuerung für holzige Abfälle und einer Großwärmepumpe in einem passenden Technikgebäude auf der Hofgartenwiese, ein Leitungsnetz von gut drei Kilometern Länge entstehen und viele Altdorf-Gebäude zukünftig mit klimafreundlicher Heizwärme versorgen“, erklärt Kuhrau.
Weiter ging es zur nächsten und letzten Station des Tages: Im Regionalmuseum konnte das Fachwerk mit allen Sinnen erlebt werden. Markus Hanisch von punkt4architekten stellte zunächst in der Museumsscheune die Umbaupläne vor und erläuterte das fachliche Vorgehen. Das Museum wird baulich und inhaltlich neu strukturiert. „Ein wichtiger Aspekt bei dem gesamten Vorhaben ist die Barrierefreiheit“, sagt Hanisch. Bei allem, was geändert werden würde, sei aber die Erhaltung der Fachwerkstruktur, vor allem im Inneren des Gebäudes, das Ziel.
Zum Abschluss der Triennale in Kaufungen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, wortwörtlich hinter die Fassade zu schauen: In einem Raum des Regionalmuseums waren Wände und Boden freigelegt und somit wurden Materialien und Technik sicht- und berührbar. Fachwerk hautnah – nach einem interessanten Tag mit vielen Informationen und Anregungen zu diesem umfangreichen Thema blieb noch Zeit zum vernetzen.
Fachwerk-Triennale noch bis Oktober deutschlandweit erlebbar
Das Ziel der Fachwerk-Triennale 2025 ist es, resiliente Zukunftsmodelle und darauf aufbauende praktische Lösungsansätze in teilnehmenden Städten und Gemeinden zu erarbeiten. Damit wird das für Deutschland identitätsstiftende Kulturgut Fachwerk erhalten.
Bis einschließlich Oktober finden in weiteren Städten und Kommunen Veranstaltungen zum Thema statt. Weitere Informationen zur Fachwerk-Triennale finden sich auf https://www.fachwerk-triennale.de/.