Begegnungen mit Blindenführhunden, die ihre sehbehinderten Herrchen und Frauchen in der Öffentlichkeit begleiten
An seinem weißen Führungsgeschirr erkennt man einen Blindenführhund „im Einsatz“: er führt und ist in diesem Dienst für die Sicherheit seines Menschen im Straßenverkehr zuständig. Mit seinem verantwortungsvollen Job verschafft der Hund dem blinden Menschen ein hohes Maß an Selbständigkeit und Sicherheit im öffentlichen Raum und macht das Leben deutlich mobiler und lebenswerter. Er erkennt Gefahren und schützt vor lebensgefährlichen Unfällen. Dabei unterscheidet er zwischen links und rechts, findet Ampeln, Eingänge, Zebrastreifen und Briefkästen und beherrscht zahlreiche Hörzeichen. Ein Führgespann aus Hundehalter und Blindenhund kommt gut miteinander zurecht und kommuniziert im Alltag reibungslos.
Wie verhält man sich nun aber als Gegenüber richtig, wenn man einem Assistenzhundeführer mit seinem Hund auf der Straße oder in einem Einkaufszentrum begegnet (Übrigens: von Hundeverboten, die meistens in Supermärkten, Arztpraxen und Restaurants gelten, sind Blindenführhunde ausgenommen!)? Diese Frage ist wichtig, denn vielen Menschen ist nicht bewusst, dass durch manche freundlich gemeinte Reaktion der Hund in der Konzentration auf seine Aufgabe gestört wird. Und so kann eine Ablenkung zu Unfällen, Stolpern oder Fehlorientierung führen.
Einen lesenswerten Erfahrungsbericht zu diesem Thema haben wir kürzlich von einem Kaufunger Bürger erhalten, den wir gern weitergeben möchten:
Mein Name ist Jannis Weigel. Ich bin 25 Jahre alt. Seit knapp 4 Jahren bin ich nun erblindet, was meine Lebenspläne erstmal über den Haufen geworfen hat. Ich lerne viele neue Dinge und komme in meiner eigenen Wohnung in Niederkaufungen gut zurecht.
Bisher war ich immer mit einem Langstock/Blindenstock unterwegs, aber jetzt kann ich ihn eintauschen gegen meine Jule, eine Labradoodle-Hündin. Nach einer dreiwöchigen Einarbeitungsphase haben wir am 6. Juli dieses Jahres unsere Gespann-Prüfung bestanden, das bedeutet, dass Jule nun mein offizieller Begleithund ist. Da sie gesetzlich als Hilfsmittel gilt, darf ich sie überall hin mitnehmen - auch dahin, wo eigentlich keine Hunde erlaubt sind. Sie zeigt mir so großartig und sensibel alle Bordsteine, Ampeln u.s.w. Sie ist jedoch kein „Navigationssystem“- das denken die meisten Menschen. Ich, als Führhundhalter muss den Weg kennen. Jule kümmert sich darum, dass sie mich um „Hindernisse“ führt, mir Eingänge anzeigt und vieles mehr.
Wenn Jule in ihrem gekennzeichneten Geschirr mit mir durchs Dorf geht, darf sie nicht abgelenkt werden – sie arbeitet dann und ist konzentriert. Der Hund darf nicht angesprochen werden, ich darf aber reden. Es spricht nichts dagegen, mich anzusprechen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Menschen nicht wissen, wie sie mit mir umgehen sollen. Ich bin „nur“ blind - sonst schon ein normaler Kerl.
Übrigens gehe ich auch hin und wieder mit meinem Hund an einer normalen Leine spazieren. Ich habe dann den Langstock dabei. In diesen Momenten ist sie ein „normaler“ Hund, der dann auch „sein Geschäft“ machen darf. Wenn wir andere Hunde treffen, ist es toll, wenn ich kurz vorgewarnt werde. „Hier kommt ein Hund“ oder so reicht vollkommen aus. Das macht es für uns alle entspannter.
Jule und ich wachsen immer enger zusammen – Sie ist so großartig und liebenswert.
Eine wirkliche Freundin auf vier Pfoten!