Dekanin Carmen Jelinek in den Ruhestand verabschiedet
Die Stiftskirche war bis auf den letzten Platz voll besetzt und viele Chormitglieder aller Chöre des Evangelischen Kantorats wirkten mit beim offiziellen Verabschiedungsgottesdienst von Dekanin Carmen Jelinek am vergangenen Sonntag.
„Alles hat seine Zeit“ – diese Bibelworte aus Prediger Salomo wählte die Dekanin als Überschrift über ihre Predigt und spannte in einem kleinen Rückblick einen Bogen zu ihren beruflichen Lebensstationen. Jelinek erklärte, dass es ihr Lebensprogramm sei, dieser Zeit einen Sinn zu geben. Bereits früh erkannte sie, dass ihr Platz im Helfen und Begleiten anderer Menschen liege. Mit den Worten „Pfarrerin werden, steckte einfach in mir“ blickte sie dankbar auf ihre vielen Jahre zunächst als Inhaberin einer Pfarrstelle in Hessisch Lichtenau und anschließend im Amt der Dekanin des Kirchenkreises Kaufungen zurück. Während ihrer Amtszeit habe es viele schöne und auch schwere Momente gegeben. Eine besondere Herausforderung stellte 2010 die Mitgestaltung der Fusion zu einem großen Kirchenkreis dar. Bei all ihren Aufgaben bewegte Jelinek stets die Frage „Was macht uns als Kirche aus?“ und sie orientierte ihre Entscheidungen daran. Die Dekanin betonte, dass die Kirche demokratisch sei und immer viele Menschen zu ihr gehören: „Ihr alle seid Kirche!“ Die Zukunft von Kirche werde sich verändern und es sei wichtig, diese neuen Wege immer auch spirituell zu gestalten, sich jetzt einzusetzen, um die Richtung in Gesellschaft und Politik in den kommenden Jahren zu prägen. Sie bemerkte positiv, dass im Gegensatz zum Beginn ihrer beruflichen Laufbahn inzwischen mehr Frauen als Männer im Pfarrdienst tätig seien und auch an entscheidenden Stellen Ämter besetzten.
In ihrer offiziellen Entpflichtungsrede hob Pröpstin Katrin Wienold-Hocke hervor, dass Carmen Jelinek sichtbare Spuren hinterlassen hat. Sie habe in der Region Aufgaben und Chancen für ihre Kirche wahrgenommen, viel bewegt und mit langem Atem sichtbare Erfolge erzielt. Zudem war ihre Stimme auch in ganz Hessen zu hören, da sie regelmäßig Andachten zu frühen Morgenzeiten im Radio hielt. Die Pröpstin betonte, dass dies nur die offizielle Verabschiedung sei. Die Dekanin bleibe ordinierte Pfarrerin und damit bleibe die Berufung, sie sei jedoch frei von allen dienstlichen Pflichten. Anschließend verlas Wienold-Hocke die Entlassungsurkunde, darauf folgten Gebet und Segen.
Im Anschluss an den Gottesdienst erlebte Dekanin Jelinek noch einmal eine hohe Wertschätzung – viele Weggefährten der letzten Jahre erinnerten sich in ihren Grußworten gern an die gemeinsame Zeit, würdigten ihr Engagement und ihren Einsatz.
Landrat Andreas Siebert hob hervor in seiner Ansprache, dass der Kirchenkreis Kaufungen mit seiner Dekanin für den Landkreis Kassel immer ein belebendes Element darstellte. Kirche müsse es immer geben, denn die gemeinsamen Werte blieben wichtig und müssten gemeinsam geteilt werden. Ganz persönlich verriet der Landrat, dass Dekanin Jelinek durch ihr Wirken und durch ihre meinungsstarken Reden auch ein Teil seines eigenen, christlichen, inneren Kompasses geworden sei.
Bürgermeister Arnim Roß brachte noch einen weiteren wichtigen Aspekt des Wirkens von Carmen Jelinek zum Ausdruck: „Sicherlich werden mit deinem Namen viele die Sanierung der Stiftskirche verbinden. Du hast eine Bewegung aufgebaut und geformt, im Ort und darüber hinaus, viele Menschen gewonnen und begeistert, sich auf unterschiedliche Weisen für dieses Haus einzusetzen, mit Freude am Engagement, Sinnstiftung und guter Gemeinschaftserfahrung. Das war kein einfacher Job und eine große Integrationsleistung.“ Vor allem sei aus dieser Bewegung die Stiftsweihnacht hervorgegangen, die mittlerweile eine hohe Tradition und regionale Bedeutung habe. Roß verwies auf die vielfältige, erfolgreiche Zusammenarbeit und freute sich darüber, dass die Dekanin Kaufungen auch weiterhin als Mitbürgerin und Vorsitzende des Fördervereins Stiftskirche verbunden sei.
Als Vertreterin der Kreissynode und den Kirchenkreisvorstand bedankte sich Stefanie Roß-Stabernack bei Dekanin Carmen Jelinek für deren Wirken bei der Zusammenführung der Kirchenkreise und das Anstoßen von Reformen. Sie verwies zudem auf den außerordentlichen Einsatz für die zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Bereich.
Pfarrer Martin Gies, Priester der Katholischen Pfarrei St. Antonius von Padua - St. Andreas erinnerte sich an lebendige, gemeinsame Gespräche „über Gott und die Welt“. Den Weitblick, den Carmen Jelinek auch in der Zusammenarbeit mit ihren katholischen Kollegen bewies, sowie das vertraute und selbstverständliche Gestalten der ökumenischen Veranstaltungen seien sehr wohltuend gewesen. Sein Fazit „Es gibt keinen Grund, eine Trennungslinie zwischen unseren Kirchen zu ziehen“, zog langanhaltenden Applaus im Kirchenschiff nach sich.
Lebendig wurde es im Gotteshaus, als die Pfarrerinnen und Pfarrer des Kirchenkreises ihrer Dekanin mit einem sympathisch aufgeführten kleinen Anspiel alles Gute für den Ruhestand wünschten und zum Lied „Über den Wolken“ von Reinhard Mey etliche passende Geschenke inklusive Liegestuhl überreichten.
Baron Riedesel, Obervorsteher des Ritterschaftlichen Stiftes Kaufungen, nahm in seinen Dankesworten nochmals kurz zu den finanziellen und organisatorischen Herausforderungen der Kirchenrestaurierung Stellung, erwähnte aber auch das Wirken von Dekanin Jelinek im Zusammenhang mit dem Kaufunger Konvent, der sich die Pflege der Ökumene zur Aufgabe gemacht hat.
Silke Does, die viele Jahr lang mit hochgekrempelten Ärmeln die „Baustelle Stiftskirche“ begleitet hatte, schenkte der Dekanin einen Holz- sowie einen handgeformten Eisennagel aus dem Dachgebälk der Kirche – als Symbol und Dank für das gemeinsame Schaffen an dieser bedeutenden Stelle Kaufungens.
Das Tagesmotto „Alles hat seine Zeit“ wurde am Schluss der Veranstaltung noch einmal kurzweilig aufgegriffen von den Mitgliedern des Kirchenvorstands, den hauptamtlichen Mitarbeiter*innen der Kirchengemeinde sowie von den Ehemaligen – und mit bewegenden Abschiedsworten von Gabi Batz als stellvertretender Kirchenvorstandsvorsitzenden.
Nach einer kleinen Vorführung des Tanzkreises und letzten Dankesworten von Dekanin Jelinek gab es im Kreuzgarten Gelegenheit für persönliche Begegnungen.
(Fotos: Ev. Kirchengemeinde Oberkaufungen)