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29.08.2022

Mit dem Campingmobil auf Lesetour

Der Wettergott hatte es gut gemeint mit dem Autor Andreas Karl Köthe und seinen Zuhörerinnen und Zuhörern, die am Freitagabend auf dem Mitteltalhof in Kaufungen zusammen saßen. War am Nachmittag noch Donnergrollen zu hören gewesen, blieb der Abend lau und trocken.

Es brauchte nicht viel: ein Wohnmobil, ein Vordach, ein Laptop, ein paar Lautsprecher, einen Beamer und ein Headset, schon war das Vorlesezimmer unter freiem Himmel eingerichtet. Vor der Veranstaltung und in der Pause bot Familie Becker heimische Schmeckewöhlerchen an, in Form von frisch gegrillten Wildschweinbratwürsten aus dem Kaufunger Wald, Zucchini aus eigenem Anbau und vor allem gekühlte Getränke. Etwa 80 Besucher waren der Einladung der Gemeinde Kaufungen zu diesem Hörevent gefolgt und vielen waren kulinarische Genüsse schon aus dem dortigen Hofcafé bekannt, das noch bis Oktober geöffnet sein wird. Auch für die im Mitteltalhof logierenden Feriengäste war dieser Abend eine willkommene Bereicherung.
Andreas Karl Köthe, ein Mann mit vielen Talenten und Professionen, Journalist, Buchautor, Musiker, Songwriter, Sänger und so vieles mehr, wie das Publikum aus seiner in Gedichtform vorgetragenen Vita erfuhr. Seit 5 Tagen war er schon unterwegs, um zu lesen, um zu singen, um den Dialog mit seinen Zuhörern zu suchen und Auszüge aus seinen Büchern „Hauptsache Schiebedach“ und „Gefühlsarthrose“ vorzutragen. „Ich bin echt geflasht von dieser schönen Umgebung hier“, begrüßte er die Anwesenden.

Gemeinsam tauchten die Zuhörer mit ihm in die Welt seiner Kurzgeschichten ein, um den Busfahrer Pawlowski kennen zu lernen, der seit Jahren dieselbe Strecke zur Gesamtschule fuhr, dessen Abwechslung unter anderem aus einem, in seinem Bus ausgebüchsten Meerschweinchen, der 84-jährigen, die auf der Rückbank den türkischen Rappern Zaubertricks zeigt und vor allem Emina, eine Teenagerin, die er als Mentor und Rückenstärker ins Erwachsenenleben begleitet, täglich acht Haltestellen lang. Das machte Lust auf mehr und so erfuhren die Gäste die Geschichte, in der eine Tango liebende Witwe, in dem in ihrer Wohnung ertappten Einbrecher einen ebenfalls tangoliebenden Seelenverwandten trifft.
„Der Beckar“ rappte in der Pause über das Erwachsenwerden und Leonie, die Tochter einer Ferienfamilie, sang zwei deutsche Songs mit schöner Stimme und viel Gefühl.
Köthes Text zu Polen, dem Heimatland seiner Ehefrau Ewa, spiegelte seine positiven Begegnungen mit Land und Leuten dort wieder und auch Autobiografisches fand den Weg in die Ohren der Gäste. „Ich war jung und brauchte Geld um zu leben“ führte er ein, um dann seine zeitweilige Tätigkeit als Erotikfachberater zu schildern und der Satz: „Ich fühlte mich als Kapitän auf der Brücke des Erotikdampfers“, ließ ein Schmunzeln über die Gesichter huschen.

Die Zeit verging wie im Fluge und nach mehr als zwei Stunden des Geschichtenlauschens beendete lang anhaltender Applaus den Abend.