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22.08.2011

Märchentheater


Schön? Nein - das war Super!


Klassische Musik für Kinder? Das geht durchaus, wie das Konzert „Ohrenschmaus“ im Zirkuszelt am Alten Bahnhof, das im Rahmen von Märchentheater am Märchenlandweg stattfand, bewies. Aber natürlich war es kein „klassisches“ klassisches Konzert, sondern eine bunte und höchst interessante Mischung aus Klassik und Weltmusik, ergänzt durch Gedichte von James Krüss, wie dem von der Nilpferdhochzeit, wo die Nilpferde vom „schweren Brocken“ zum „daunenfederleichten“ Hochzeitler avancieren, der Verlobung des Auerhahns mit der Auerhenne oder dem Tausendfüßler, der von dem ständigen Schuhe kaufen, suchen, anziehen, binden, putzen, aufbinden und ausziehen ganz zittrig wird.
Doch wie bringt man Kinder dazu, bei Vivaldi, Musik aus dem 16. Jahrhundert, Tango, Passoka und bossa nova nicht nur still sitzen zu bleiben, sondern auch vielleicht zu begeistern? Das schafften die drei Musiker Kerstin Röhn (Saxophon, Querflöte), Hermann Beuchert (Gitarre) und Regine Brunke (Cello) mit ihren „Showblocks“: „Das ist nämlich eine interaktive Show!“, wie Kerstin Röhn mit einem verschmitzten Lächeln betonte. Und dann ging die Reise nach Nordamerika zu den Indianern, die einen Indianertanz aufführen. Bei „Heiananahei“ tanzten die drei Musiker vor und das Publikum tanzte und sang nach. Im zweiten Showblock ging es nach Afrika zu den Pygmäen. Ganz spannend wurde es im dritten Showblock, wo die Tiere Afrikas nach einem lang ersehnten Regen zum Wasserloch laufen, die „Kinder“ vorneweg. Zuerst kommen die Elefanten, dann die Löwen und die, die bei uns den Zebrastreifen erfunden haben, und zum Schluss schließlich die Antilopen. Da den Kindern bei den Tieren wie bei den Menschen die Wege meistens zu lang sind, rufen sie dauernd „Akumaja“, was so viel bedeutet wie „Wie weit ist es denn noch!?“, und die Erwachsenen antworten „Dondoje“ – nicht mehr weit. Das große und kleine Publikum bewegte sich dann im Rhythmus und im Kanon sangen sie begeistert mit.
Die Atmosphäre im Zirkuszelt ist immer wieder beeindruckend. Dies spürte man vor allem beim „Obergesang“ von Hermann Beuchert in einer Eigenkomposition mit dem Titel „Arabia“. Sie entführte in die Welt der Wüsten, überall Sand, Männer packen Kamele voll und die ganze Karawane setzt sich schließlich in Bewegung, wie Kerstin Röhn eingangs erklärte. Es waren ungewohnte Töne, die man dann von Hermann Beuchert hörte. Sie erinnerten bisweilen an den Gesang von Aborigines, doch war der orientalische Einschlag unüberhörbar. Mit den Tönen glitt man über den Wüstensand, sie verloren sich in der Ferne, die Karawane verschwindet am Horizont. Der leichte Wind, der im Zirkuszelt die Zeltwände bauschte, verstärkte diesen Eindruck noch. Es war für die begeisterten Erwachsenen ein wirklich außerordentliches und facettenreiches Konzert, für Kinder vielleicht manchmal etwas zu anspruchsvoll – aber warum auch nicht?